Pestizide
Pestizide oder Pflanzenschutzmittel (PSM) werden zur Bekämpfung von Insekten (Insektizide), Unkraut (Herbizide) und Pilzen (Fungizide) eingesetzt. Über 85% kommen in der Landwirtschaft und 15% in privaten Gärten sowie in der Industrie zur Anwendung. Im Jahr 2019 wurden 1950 Tonnen in der Schweiz verkauft, wobei der Hauptteil auf Fungizide entfällt. Fungizide und Insektizide gelten als besonders gesundheitsschädigend und umweltschädlich. Die Menge der Herbizide ist seit einigen Jahren rückläufig.
Was macht Pestizide so gefährlich?
Pestizide sind sowohl für die Umwelt wie für den Menschen schädlich. Immer wieder werden einzelne Mittel vom Markt genommen oder Grenzwerte verschärft, weil ihre Wirkung auf den menschlichen Organismus als ein zu grosses Risiko eingeschätzt wird. Jüngstes Beispiel: Chlorothalonil gilt als sehr wahrscheinlich krebserregend (Quelle: BAFU). Nebst der Gesundheit der Bevölkerung nehmen aber auch die Biodiversität und Wasserlebewesen Schaden. Pestizide haben grossen Anteil am Verlust von über 70% der Insektenbestände und hindern die Zeugungsfähigkeit sowie den Fortbestand unter anderem von Fischen.
Roberto Zanetti, der Zentralpräsident des Schweizerischen Fischerei-Verbandes SFV, drückt es so aus:
«Was die Angler bisher vermutet haben, wird nun wissenschaftlich erhärtet: die doppelte Belastung der Fische! Einerseits fehlt wegen der Pestizide den Fischen genügend Nahrung. Denn die Nährtiere für die Fische werden durch die Pflanzenschutzmittel arg dezimiert. Anderseits ist der Lebensraum der Fische vergiftet. Will heissen: Der Fisch schwimmt und trinkt im Pestizidwasser.» 12.04.2019, Roberto Zanetti.
Im Landwirtschaftsgebiet fliesst viel Wasser von den Feldern, sowie von Strassen und Wegen über Schächte und andere künstliche Entwässerungen direkt in Bäche. Über solche Kurzschlüsse gelangen auch Pestizide direkt in die Gewässer. Ungefilltert statt über die Kläranlage. Dies erhöht den Pestizidgehalt um ein Vielfaches.
Der Mensch ist unmittelbar von der Natur und anderen Lebewesen abhängig. Selbst kleinste Insekten sichern unsere Zukunft. Fallen diese weg, bricht das Netz – welches alle Lebewesen verbindet – auseinander. Ohne die anderen Lebewesen kann der Mensch nicht existieren.
Quellen/Links:
Naturschutz.ch: Pestizid-Studie: Die Fische sind doppelt belastet
Wie gelangen Pestizide in unseren Körper?
Der Mensch nimmt Pestizide über die Atemwege, über die Ernährung und das Trinkwasser auf.
Viele Pestizide verdunsten beim Zerstäuben. Ein Teil davon wird über den Wind in andere Gebiete getragen. Andere lagern sich auf Pflanzen ab, können aber ebenfalls durch den Wind aufgewirbelt und weitergetragen werden. So ist zu erklären, dass immer wieder in Gebieten und auf Böden Pestizidrückstände gefunden werden, wo diese gar nicht zum Einsatz kommen. Pestizide, welche im Freien gesprüht werden, kennen keine Grundstückgrenzen!
Sehr ausführlich wird dies unter anderem auf der Webseite des Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft oder bei brd24.de beschrieben. Schweizermedien informieren ebenfalls sehr aktuell darüber und im Fachblatt der EAWAG ist die Problematik des «Abdrifts» kurz angeschnitten.
Ein grosser Teil der Pestizide wird auch über die Ernährung aufgenommen. Bei herkömmlichen Nahrungsmitteln gibt es sogenannte Grenzwerte an Pestizidrückständen, welche eingehalten werden müssen. Diese gelten PRO Wirkstoff. Der summierte Wert aller beinhalteten Pestizide wird – und das ist das Paradoxe – nicht berücksichtigt. Denn wie die Mischmenge und die Wechselwirkung der verschiedenen Pestizide im Organismus reagiert, ist weitgehend unbekannt. Wer keine Pestizide über die Ernährung zu sich nehmen will, hält sich wann immer möglich an biologisch angebaute Produkte. Es gibt aber auch da teils minimale Rückstände, wenn das Feld des Biobauern vom «Abdrift» des Nachbarn betroffen ist.
Schlussendlich nehmen wir auch laufend Pestizide über das Trinkwasser auf. Das Trinkwasser von Wangen-Brüttisellen und Dietlikon stammt vom Wasserwerk Lattenbuck und beinhaltet praktisch reines Grundwasser. Nun ist es aber so, dass viele Pestizide sich gar nicht oder nur sehr langsam in der Natur abbauen und ihre toxischen Stoffe laufend weiter abgeben. Wie der Zustand des Schweizerischen Grundwassers aussieht, zeigt die Landkarte des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) sowie der Hauptbericht des AWEL (Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft). Rückstände von Pflanzenschutzmitteln, d.h. von Wirkstoffen und Abbauprodukten, treten landesweit an mehr als der Hälfte der Messstellen im Grundwasser auf. In intensiv ackerbaulich genutzten Gebieten werden PSM-Rückstände an über 90% der Messstellen nachgewiesen.
Quelle: BAFU
Die Problematik für den langsamen Abbau von Pestiziden im Grundwasser kann sehr gut am Beispiel von Atrazin veranschaulicht werden. Atrazin ist ein Herbizid und wurde in der Schweiz im Jahre 2007 verboten sowie ab 2012 nicht mehr eingesetzt. Seither hat sich der Wirkstoff kaum weiter in der Natur abgebaut und kann nach wie vor bei rund 70% der Gewässerkontrollen vom Kantonschemiker im Grundwasser festgestellt werden. Die Wirkung von Atrazin beruht auf Hemmung der Photosynthese von Pflanzen. Atrazin ist für Wasserorganismen giftig und kann in sehr geringen Konzentrationen z.B. die Entwicklung von männlichen Fröschen stören - verwandelt diese in Zwitter. Zudem senkt es auch beim Menschen Testerogene und begünstigt die Entwicklung von Brustkrebs.
Quelle: Gesamtbericht «Wasser und Gewässer 2018» AWEL
Das Trinkwasser muss auf Grund von Umweltgiften wie den Pestiziden bereits heute schon häufig mit Quellwasser verdünnt werden, damit die definierten Grenzwerte eingehalten werden können. In Zukunft wird dieser Vorgang noch schwieriger. Bereits jetzt rechnen die Wasserwerke mit massiven Kosten, die auf die Gebührenzahler zukommen werden. Grundwasserpumpen werden wegen den schlechten Wasserwerte geschlossen, neue Quellen müssen erschlossen sowie neue Pumpen und Zuleitungen gebaut werden. Ob unser Trinkwasser tatsächlich so unbedenklich zu trinken ist, wie uns das vom Bund immer wieder versichert wird, ist eine offene Frage. Denn die regelmässigen Analysewerte des Trinkwassers liegen der Bevölkerung nicht vor. Das ist ein Anliegen, dem sich die IG «Gesund in die Zukunft» annimmt.
Auch das Trinkwasser aus der Flasche, welches im Detailhandel gekauft werden kann, weisst übrigens Rückstände von Pestiziden auf.
Quelle: bauernzeitung.ch, K-Tipp (8. April 2020)
Wie schädlich sind Pestizide für unsere Gesundheit?
Pestizide sind für unsere Gesundheit ganz klar schädlich. Nachweisbar ist dies schwierig, weil sich die Erkrankungen über einen grösseren Zeitraum hinweg erst zeigen. Internationale Studien haben jedoch Hinweise gefunden, dass einigen Pestiziden neurologische Krankheiten verursachen, das Immunsystem schwächen sowie das Nervensystem schädigen können. Zudem haben Pestizide das Potential, den Hormonhaushalt zu beeinflussen, was zum Beispiel zu Störungen in der Embryonal- und Fötus-Entwicklung (Schädigung von Ungeborenen) führen kann oder möglicherweise die männliche Fruchtbarkeit beeinträchtigt. Einige Pestizide stehen im Verdacht krebserregend zu sein. Die internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) hat zum Beispiel festgestellt, dass das Insektizid Lindan als erwiesenermassen krebserregend sowie das Insektizid Diazinon und das Herbizid Glyphosat als «wahrscheinlich krebserregend» einzustufen ist. Das IARC bezieht sich dabei auf das Gefährdungspotential - unabhängig der Dosis.
(Quelle: BAFU)
Beispiele von gesundheitsschädigenden Pestiziden
Die Genauen Fakten zu Pestizidrückständen in Wangen-Brüttisellen und Dietlikon sind uns leider noch nicht bekannt. Um die Gefährlichkeit von Pestiziden illustrieren zu können, haben wir 4 gängige (2 davon sind noch im Einsatz, der 3te Wirkstoff reichlich in der Natur und im Grundwasser vorhanden, der 4te heiss diskutiert) Beispiele aufgeführt:
Mancozeb (Fungizid)
Verwendung: Obst-, Gemüse-, Nuss- und Getreidesorten, aber auch Kartoffeln, Wein, Mais und Baumwolle
Gesundheitsrisiken: Kann allergische Reaktionen hervorrufen, die Fruchtbarkeit beeinträchtigen, das Kind im Mutterleib schädigen, Schilddrüsenkrebs. Giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung
Quelle u.a.: https://www.psm.admin.ch/de/produkte/7126
Chlorothalonil (Fungizid ; seit 31.12.2019 verboten)
Verwendung : Gemüsesorten, Kartoffeln, Weizen
Gesundheitsrisiken : Verursacht Hautreizungen, kann allergische Reaktionen verursachen, schwere Augenschäden, Atemwege reizen/Gesundheitsschäden beim Einatmen, Krebs erzeugend. Giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung
Quelle : https://www.psm.admin.ch/de/produkte/4488-1
Glyphosat (Herbizid)
Verwendung : Vielseitig in Privatgärten, Industrie (z.B. SBB Geleise) und der Landwirtschaft zur Unkrautbekämpfung
Gesundheitsrisiken : Potentiell Krebs fördernd. Giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung.
Quelle u.a. : https://www.psm.admin.ch/de/produkte/4792
Imidacloprid «Gaucho» (Insektizid, Saatbeizmittel)
Verwendung : Zuckerrüben, Salate
Gesundheitsrisiken: Kann allergische Reaktionen verursachen. Giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung. Bienengefährlich.
Quelle: https://www.psm.admin.ch/de/produkte/5110, https://www.srf.ch/news/schweiz/zuckerruebenernte-bauern-fordern-einsatz-von-verbotenem-pestizid